Das Lernen und des Lernens Ziel · 2005, zweifarbig

Die orginale sechsfarbige Grafik war bereits vergriffen, bevor die Idee zu dieser Sammlung geboren war. Das Bild soll hier aber nicht fehlen, denn es war einer meiner allerersten Linoldrucke, und es nimmt auch inhaltlich eine Schlüsselstellung ein. Deshalb stellte ich diesen, lediglich mit einer zusätzlichen Tonplatte versehenen, dabei erstaunlich malerisch wirkenden, Druck her.

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Das Bild „Das Lernen und des Lernens Ziel“ zeigt zwei Teehausmädchen. Der Bildtitel legt nahe, hier Meisterin und Schülerin zu sehen. Zunächst wird der Betrachter die Meisterin in dem Mädchen erkennen wollen, die ohne hinzuschauen den Tee in eine winzige Tasse einschenken kann und die Schülerin in derjenigen, die assistiert und zuschaut. Weitere Überlegung führt aber zu der Frage, ob es sich nicht umgekehrt verhält, denn das Einschenken ohne Hinschauen ist nur möglich durch das Halten des Tabletts mit den Teetassen in der geeigneten Position. Es ist also unklar wer hier Meisterin und wer hier Schülerin ist. Das Ziel des Lernens ist also entweder die Illusion etwas zu können oder in eine Position zu gelangen, einem anderen diese Illusion zu vermitteln. Es ist hier ein Mißtrauen gegen alles Erlernte formuliert – ein Grundthema der chinesischen Philosophie. Auch die dem ursprünglichen chinesischen Buddhismus eigene Art, dem Adepten die geistige Existenzgrundlage zu nehmen, ist hier untergründig angedeutet.

Dr. Friedrich Garbarian aus „Sehschlitze“

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